40 Jahre Ortskundlicher Arbeitskreis (5.11.2023)
Liebe Erzhäuserinnen, liebe Erzhäuser,
Herzlichen Glückwunsch an den Ortskundlichen Arbeitskreis!
Ansprache zum 40-jährigen Jubiläum und zur Preisverleihung
Liebe Aktive des Ortskundlichen Arbeitskreises,
Liebe Gäste,
Heute ist ein ganz besonderer Anlass zusammenzukommen. Der Ortskundliche Arbeitskreis Erzhausen feiert sein vierzigjähriges Bestehen. Auch für die Gemeinde Erzhausen ist dies ein besonderer Anlass zu feiern.
Darum freue ich mich ganz besonders, heute hier die Ansprache zum Jubiläum halten zu können.
In 40 Jahren engagierter ehrenamtlicher Arbeit ist es dem Ortskundlichen Arbeitskreis gelungen, die Geschichte von Erzhausen in bemerkenswerter Weise aufzuarbeiten und sichtbar zu machen. Durch die sorgfältige Dokumentation steht das Ergebnis dieser Arbeit auch künftigen Generationen dauerhaft zur Verfügung. Der Ortskundliche Arbeitskreis hat damit ein großes bleibendes Werk für die Gesellschaft und einen großen Beitrag zum gesellschaftlichen Leben in Erzhausen geschaffen. Erzhausen ist allen, die daran in den 40 Jahren mitgewirkt haben, zu großem Dank verpflichtet.
Dieses Werk ist in vielfältiger Weise entstanden:
- Wir sind heute in der Schillerschule, im Museum von Erzhausen. Der Ortskundliche Arbeitskreis hat hier das Leben der Erzhäuserinnen und Erzhäuser dargestellt und im wahrsten Sinn des Wortes begreifbar gemacht. Wir sehen, wie Schuster und Apotheker früher gearbeitet haben. Wir setzen uns an den Tisch in der guten Stube in einem Ambiente, in dem unsere Großeltern und Urgroßeltern sich getroffen und ausgetauscht haben. Wir schauen auf die Konfirmationsbilder der vielen Generationen und entdecken familiäre Beziehungen, von denen manche heutige Betrachter zuvor noch gar nichts wussten.
- Wenn wir durch Erzhausen gehen, sehen wir an vielen Häusern Hinweise auf die frühere Nutzung oder Bedeutung des Hauses.
- Die beeindruckenden Bücher, die der Ortskundliche Arbeitskreis herausgebracht hat, erarbeiten Erzhausens Geschichte. Teilweise handelt es sich um fundierte wissenschaftliche Arbeiten, teilweise um Dokumentationen, teilweise um Bildbände.
- Der Ortskundliche Arbeitskreis arbeitet mit der Lessingschule, unserer Grundschule zusammen. In gemeinsamen Aktivitäten wird das Bewusstsein der Grundschulkinder für das gegenwärtige Erzhausen und für seine Vergangenheit geschärft. In jährlichen Ausflügen werden die Kinder durch den Ort und die Gemarkung von Erzhausen geführt. Die dritten Klassen können im Museum in die Welten ihrer Eltern, Großeltern und Vorfahren eintauchen.
- Auch für die Erwachsenen bietet der Ortskundliche Arbeitskreis themenbezogene Aktionen im Museum und Ausflüge in die Umgebung an.
Gemeinsame Erinnerungen verbinden und stärken den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Ob in der Kameradschaft der Freiwilligen Feuerwehr, in Vereinen, auf Dorffesten, in Gaststätten oder Geschäften - was früher war, wird gerne wieder erzählt und verbindet uns auch heute.
Der Ortskundliche Arbeitskreis widmet sich aber auch ganz aktuellen Themen.
- Achtsamkeit für die Natur und der Klimawandel
Ein ganz wichtiges Anliegen ist die Sensibilisierung für die Natur, im weiteren Zusammenhang aber auch ganz konkret vor der Haustür. In Zeiten des Klimawandels werden die Veränderungen erkennbar. Der Wald ist von Stürmen und Trockenheit sichtbar gezeichnet. Felder mit Mais oder Getreide verdorren in den Sommermonaten. Obstbaumwiesen anzulegen wird zur Herausforderung. Mit informativen Touren durch die Natur mahnt der Ortskundliche Arbeitskreis uns, auf unseren Lebensraum zu achten und ihn zu pflegen und zu erhalten.
- Frieden und gesellschaftlicher Zusammenhalt
In den letzten Jahren hat der Ortskundliche Arbeitskreis sich eines Themas angenommen, das eine ganz besondere Aktualität bekommen hat. Insofern ist die Ehrung, die der Ortskundliche Arbeitskreis heute erhalten wird, von ganz besonderer Bedeutung. Heute wird dem Ortskundlichen Arbeitskreis vom Zentrum Ökumene der Evangelischen Kirche der Friedenspreis „Local Peace“ verliehen werden.
Bereits seit vielen Jahren ist der Frieden in Erzhausen, sowohl nach dem zweiten Weltkrieg als auch der Frieden in der Gesellschaft, ein wichtiges Thema des Ortskundlichen Arbeitskreises. In einigen der Veröffentlichungen ist dies eindrucksvoll dokumentiert.
Für 2020 hatte der Ortskundliche Arbeitskreis mit großem Aufwand eine Ausstellung und mehrtägige Veranstaltung zu 75 Jahren Frieden ausgearbeitet. Ein ganz besonderer Dank gilt dem Ideen- und Impulsgeber Hans Schmidt. Damals blickten wir weitgehend unbeschwert auf diese Zeit zurück und erwarteten, diese Periode in der Zukunft fortzusetzen. Wegen der Corona Pandemie musste diese Veranstaltung nur wenige Tage vor Beginn abgesagt werden.
Zwei Jahre später feierten wir in etwas anderem Rahmen, aber mit einigen Elementen der Ausstellung von 2020, die Einweihung der neuen Friedensanlage in der Annastraße. Diese Friedensanlage steht für eine Zeit, in der die Gesellschaft in Deutschland - eingebettet in ein europäisches Bündnis - Frieden, Wohlstand und eine Vielzahl von Freiheiten genießen konnte. Gut zwei Monate vor dieser Feier allerdings waren russische Truppen in die Ukraine eingefallen. Erzhausen mit seiner ukrainischen Partnerstadt und langjährigen freundschaftlichen Beziehungen in die Ukraine war geschockt und betroffen vom Leid, das in der Folge über die Bevölkerung dort hereinbrach.
Zur Realität über 75 Jahre Frieden in Deutschland gehört auch, dass in anderen Teilen der Welt in dieser Zeit Kriege und kriegerische Auseinandersetzungen stattfanden. Die Feier zur Einweihung der Friedensanlage mit zahlreichen Gästen beleuchtete auch diesen Aspekt in eindrucksvollen Vorträgen von einer Schülerin und einem Schüler der Hessenwaldschule. Der evangelische Pfarrer Marcus Großkopf und der katholische Theologieprofessor Michael Raske mahnten in eindringlichen Ansprachen zu Frieden und friedlichem Zusammenleben.
An unserem heutigen Festtag zum vierzigjährigen Jubiläum des Ortskundlichen Arbeitskreises wissen wir um einen weiteren ernsten Konflikt, da nach dem Massaker der Hamas in Israel auch dort ein Krieg tobt. Dieser Krieg veranlasst Menschen auf der ganzen Welt, tiefe Wunden, die die Geschichte auf beiden Seiten hinterlassen hat, zum Anlass für Gewalt und Hassaktionen zu nehmen. Menschen aus Regionen, die ebenfalls eine schmerzliche Geschichte haben, die Gewalt, Verluste, Vertreibung, Hunger und Armut, erlebt haben, sind auf der Suche nach einem Ventil für ihren Schmerz oder nach Gerechtigkeit. Wir beobachten, wie unsere Gesellschaft aus dem Ausland versucht wird zu destabilisieren und wie sich die Mächte und Kräfte in der Weltordnung verschieben.
Ich möchte uns an diesem Festtag mit dieser Beschreibung keine Angst machen.
Ich möchte uns vielmehr ermutigen, als Gesellschaft zusammenzuhalten.
Und die Arbeit des Ortskundlichen Arbeitskreises leistet zu diesem gesellschaftlichen Zusammenhalt hier in Erzhausen seit vier Jahrzehnten einen großen Beitrag.
Wir Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Erzhausen können nämlich in diesen Zeiten ein Zeichen des Zusammenhalts setzen. Wir können dafür einstehen, dass wir die Menschen in unserem Umfeld respektieren und zu respektvollem Umgang miteinander anhalten. Dass wir auf sie achten, ihnen zuhören und dass wir für einander da sind. Je mehr wir über unsere gemeinsame Vergangenheit wissen, umso mehr gelingt uns das.
Wir können als Gemeinschaft auch Einhalt gebieten. Erzhausen ist ein Ort, den nach dem zweiten Weltkrieg viele als neue Heimat gefunden haben. Auch die tragen Wunden und Narben. Genauso wie viele, die in den letzten Jahren dazu gekommen sind.
Unser Ziel sollte es darum sein, für alle, die in Erzhausen leben, einen respektvollen, friedlichen, umsichtigen Rahmen zu bieten. Ziel sollte sein, dass wir einen offenen und konstruktiven Austausch suchen und dass wir denjenigen, die Unfrieden wollen, mit einem starken gesellschaftlichen Zusammenhalt entgegenzutreten.
Der Ortskundliche Arbeitskreis hat über Jahre mit seinem Wirken und seinen vielfältigen Aktivitäten im Ort zu einer Stärkung der Gesellschaft in Erzhausen einen großen Beitrag geleistet.
Darum ist dieser Preis heute in feierlichem Rahmen hoch verdient.
Ich danke den hoch engagierten Damen und Herren, die diesen Arbeitskreis zu dem machen, was er war und heute ist. Ich bin sehr zuversichtlich, dass der Ortskundliche Arbeitskreis auch in Zukunft sein hohes Engagement beibehalten wird und freue mich sehr auf die Zusammenarbeit.
Ihre Claudia Lange
Bürgermeisterin