Haushalt und Finanzen
Haushalt und Finanzen
Die Haushaltslage, Gedanken zum Leserbrief von Herrn Staudt
Liebe Erzhäuserinnen, liebe Erzhäuser,
in der vorletzten Ausgabe des Erzhäuser Anzeiger habe ich aus dem Beitrag zum Oktoberfest der SPD gelesen, dass der Arbeitskreis Konsolidierung gescheitert sei, jetzt schreibt Herr Staudt über die desolate Haushaltslage. Ich möchte dafür werben, dass wir uns den Herausforderungen sachlich, konstruktiv und mit einer gemeinsamen Anstrengung um das beste Ergebnis stellen.
Wir haben seit Corona und dem Überfall Russlands auf die Ukraine einen gestörten globalen Weltmarkt, die Lieferketten funktionieren nicht mehr, Rohstoffe hatten sich massiv verteuert, Baustoffe und Waren kamen nicht mehr an oder nur mit sehr langen Lieferzeiten. Das führte in allen relevanten Prozessen zu Kostensteigerungen bei Sach- und Dienstleistungen. Hinzu kamen die Tariferhöhungen und mit ihnen die Personalkostensteigerungen. Sieht man auf Deutschland, haben wir zusätzlich die massiv schwächelnde Wirtschaft, die zu Mindereinnahmen bei diversen Steuerarten führt.
Auch bezogen auf die Einnahmen- und Ausgabensituation von Erzhausen sehen wir, dass die Steuereinnahmen wenig steigen, während die Personal- und Sachkosten stärker nach oben gehen. Dies allein könnte man mit einem rigorosen Sparkurs abfangen. Aber den Effekt, den wir sehen, haben die anderen Kommunen, der Landkreis und die Verbände auch. Das führt dazu, dass vom Landkreis höhere Umlageforderungen kommen. Der Abwasserverband, die Gemeinschaftskasse und alle anderen Verbände, die Leistungen für die Gemeinde erbringen, haben ihre Umlageforderungen erhöht und werden sie im kommenden Jahr weiter erhöhen. Auch die Kommunen, mit denen wir Vereinbarungen zur Interkommunalen Zusammenarbeit haben, wollen in 2025 mehr Geld von Erzhausen als in 2024.
Es hilft aber nichts zu klagen und alles schlecht zu reden. Wir müssen uns gemeinsam den Herausforderungen stellen. Der Arbeitskreis Konsolidierung wurde mit dem Beschluss zum Haushaltsplan 2024 ins Leben gerufen. Und aus meiner Sicht hat er über den Sommer einen wichtigen Beitrag geleistet: Alle politischen Fraktionen haben sich mit den unterschiedlichen Einnahme- und Ausgabepositionen des Erzhäuser Haushalts deutlich intensiver beschäftigt als in den vergangenen Jahren. Es gab keine wegweisenden Entscheidungen während des Sommers, aber allen Beteiligten ist in vielen Bereichen deutlich geworden, welche Stellschrauben es geben könnte und welche Konsequenzen damit verbunden sind.
Herr Staudt spricht den Personalaufwuchs in der Verwaltung mit 6 Stellen an. Nicht im letzten Jahr, da haben wir die Stellen (außer im Bereich der Kitas) sogar leicht verringert, sondern während der letzten Jahre. Dazu gehören drei für den Ort dringend benötigte Bauhofstellen (von denen eine zur Besetzung gesperrt ist), die Stelle in der Info und die zusätzliche IT-Stelle zur Unterstützung der Digitalisierung. Die sechste von ihm angesprochene Stelle ist keine zusätzliche, statt eines Beamten (dort also eine Reduzierung) haben wir nun einen nicht verbeamteten Mitarbeiter im Bereich Finanzen.
Außerdem erwähnt Herr Staudt die Präsentation des Hessischen Rechnungshofs, die „brisant“ sei und deutlich Sparpotential aufzeige. Sie zeigt, dass die Gemeinde in der Zeit von 2019 bis 2022 per Saldo über 900.000 Euro im positiven Ergebnis erreicht hat (Seite 7), also bisher NICHT über ihre Verhältnisse gelebt hat. Sie zeigt, dass Erzhausen die geringsten Schulden aller Vergleichskommunen hat (Seite 10) und dass Erzhausen mit seinem Verhältnis Verwaltungspersonal pro Einwohner ganz unten zu finden ist (Seite 24), also vergleichsweise wenig Personal beschäftigt. Schlecht schneidet Erzhausen hingegen bei der Gewerbesteuer ab, wo Kommunen vergleichbarer Größe fast das Doppelte erreichen (Seite 31). Das große Einsparpotential, das Herr Staudt nicht ausdrücklich anspricht, ohne die Bereiche konkret zu nennen, liegt laut dieser Präsentation bei der Jugendarbeit, der Bibliothek, der Heimatpflege und dem Bürgerhaus (Seiten 17 ff.).
Wie geht es jetzt weiter? Für den 8.11.2024 ist der Finanzplanungserlass des Landes Hessen avisiert, deutlich später als üblich. Erst mit diesen Zahlen macht es Sinn, in die Beratungen zu gehen. Der Gemeindevorstand hat sich auf Basis der bisherigen Zahlen bereits im Oktober mit dem Haushalt für 2025 beschäftigt und plant die weitere intensive Befassung mit dem Ziel, den Haushalt am 16.12.2024 in die Gemeindevertretung zur weiteren Beratung einzubringen. Diese Beratungen werden schwierig werden, und wir brauchen eine gute, konstruktive Diskussion für ein ausgewogenes Ergebnis.
Dieses Ergebnis wird voraussichtlich beides mitbringen: Einschränkungen der Angebote und höhere Belastungen für die Bürger. Wir Erzhäuserinnen und Erzhäuser, etwa 8.000 Einwohner, haben die Ausgaben der Gemeinde mit allen Anforderungen der Verbände, der Gemeinden in interkommunaler Zusammenarbeit und des Landkreises zu stemmen, ganz gleich, wie die Beträge zu verteilen sind.
Was sich aber auch zeigt: Erzhausen müsste mehr Wert auf die Steigerung der Gewerbesteuereinnahmen legen, als es das im Moment tut. Mein Vorschlag, mit einer Senkung des Gewerbesteuerhebesatzes mehr gewerbesteuerintensives Gewerbe anzulocken und gleichzeitig im verträglichen Maße weitere Flächen auszuweisen, wurde in der Politik nur von einer Fraktion positiv aufgenommen. Dagegen wurde argumentiert: Wir sollen froh sein, dass wir wenig Gewerbesteuer haben und keine Angst vor Rückzahlungen haben müssten. Keine weitere Versiegelung. Erst müsse der Flächennutzungsplan geändert werden (und bräuchte dafür ein Budget). Wir wollen nicht noch mehr LKW in der Annastraße, war ein weiteres Argument. Ich meine, es gäbe genug Gewerbearten, die ohne LKW auskommen, und genug Gründe, in Erzhausen, gelegen zwischen zwei Autobahnen und in der Nähe zweier Flugplätze, mit S-Bahnanschluss und Radschnellweg, einen Firmensitz zu begründen. Wir sollten diese Möglichkeit zur Steigerung der Erträge durch andere als die ortsansässigen Steuerzahler durchaus in Betracht ziehen.
Ihre Claudia Lange